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Sich entfalten in der Vielfalt: Klettern und Kaffee in den Blue Mountains

Blueys

La La Land ist kein Kinderspielplatz – das ist Australien

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Die Blue Mountains mit Kosenamen Blueys haben meinen Mann schon beim ersten Mal fasziniert. Immer wenn er über sie redet, fangen seine Augen an so eigenartig zu glitzern. Vielleicht erlag er einem Aborigines-Zauber oder den Eukalyptus-Essenzen, aber noch wahrscheinlicher liegt es an der unermesslichen Vielfalt und Klasse dieses Klettergebiets.

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Drei Schwestern machen noch keinen Berg

Zu Beginn, das muss ich ehrlich zugeben, war ich enttäuscht. Ich hatte etwas Anderes erwartet. Konsterniert stand ich auf dem knapp 1000 Meter über Meer liegenden Echo-Point in Katoomba und schaute über ein Plateau. Ja, ein Plateau! Da war nämlich kein einziger Berg zu sehen. Ok, ein paar ansehnliche Felsen gab’s ja, die sie die Three Sisters nennen, die in Stein verzauberte Aborigines-Schwestern sein sollen und nun die Touristen-Hauptattraktion der Blue Mountains sind.

Three Sisters

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Wo sind die blauen Berge?

Aber Berge, wie ich sie von zu Hause kenne, gab’s da nicht. Ich wohne am Fusse des Pilatus einem imposanten 2’132 Meter hohen Berg. Ausserdem konnte ich auch nichts Blaues erkennen. Wunderschön bis zum Horizont zwar lag da eine Hochebene gesäumt mit langgezogenen Felsbändern und dicht mit Eukalyptusbäumen überzogene Täler vor mir.

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Sprühnebel für Hustenbonbons

Das einzige Blaue an diesem Tag in den Blue Mountains war der Himmel. Wenn man beim Klettern den orangenen Felsen hochguckte, wirkte dieser, weil Orange die Komplementärfarbe von Blau ist, blauer als an anderen Orten. Aber daher rührt der Name nicht. Das Blau komme, so habe ich gelesen, von den Eukalyptusbäumen. Diese geben ein Öl ab, das als Sprühnebel vom Wind in die Höhen getragen mit dem richtigen Lichtwinkel die Blueys bläulich aussehen lassen. Und wenn man ganz genau hinguckt, sieht man vielleicht kleine emsige Elfen herumfliegen und die Eukalyptus-Essenzen einfangen, aus denen sie für uns Hustenbonbons herstellen.

Titelbild2

Aber all das sieht man nicht alle Tage. Manchmal hängt der Nebel grau und kalt über der Gegend. Da überbrückt man die Zeit am besten zusammen mit den Hiesigen beim Philosophieren und Sinnieren in einem der zahlreichen Kaffees im Hauptort Katoomba (zirka 4000 Einwohner) oder dem kleineren Blackheath.

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Das Leben findet oben statt

Der Satz ist nicht ganz präzise. Das Leben der meisten Menschen findet oben auf den Bergkämmen statt. Die Eisenbahnlinie und die Strassen verlaufen darauf. Auch die Strasse vom etwa 100 Kilometer entfernten Sydney verläuft auf diesem Blue Mountains Kamm-System.

Zustieg4

Unten im Busch sind vorwiegend Giftschlangen, Wallabys, Kängurus, Dingos, Koalas und Kakadus, die mit ihrem etwas nervigen Gekrächze den typischen Sound der Blueys schaffen. Dort unten drunter down under im Wald und Gestrüpp ist aber auch die Welt der Bushwalker und die Spielplätze der Kletterer. Aber das sind keine Kinderspielplätze, daher brauchte ich wohl drei Anläufe, um mit den Blue Mountains warm zu werden. Sie ist faszinierend wild, aber die Klettereien fand ich recht hart.

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Krallen wie eine Languste

Hier kann man das Abenteuer nicht einfach und leicht bekömmlich konsumieren. Hier müssen wohl die meisten Kletterer unten durch. Wer nicht auf den Fussspitzen stehen kann wie eine Prima Ballerina, zukrallen wie eine Languste und Mukis hat wie Poppey, der wird anfangs mehr oder weniger vorgeführt. Ein jeder Kletterer wird sich bald demütig verneigen vor den Blue Mountains, vor diesen fordernden Routen an hartem rauen Sandstein, aber auch vor dieser Naturschönheit, die zu recht zum UNESCO-Weltnaturerbe gehört. Für gut trainierte Kletterer sind die Blueys ein Paradies auf Erden, aber auch für Normalos wie mich, gab es ein paar schöne Routen zu geniessen.

Titelbild

Shipley Upper

 

Reiches Spektrum

So richtig bombig sind die Sportklettereien ab 6c (22) aufwärts. Die Routen sind abwechslungsreich und technisch anspruchsvoll. In den Blueys erstreckt sich die Palette von Sport, Trad bis zu ausgesetzten Mehrseillängen. Auch die Charakteren sind vielfältig. Man findet dort Henkelhangeler, Leistenklimperer, Ausdauerknaller und Reibereien, die dank dem grobsandkörnigen Fels gut haften, was aber nicht nur die Schuhe, sondern auch die Fingerhaut schnell runterscheuert.

Wir haben in den dreimal Blue Mountains an den folgenden Gebieten geklettert: Shipley Upper, Big Top, Porter Pass, Freezer, Bowens Creek. Aber es gibt noch sehr viel mehr zu entdecken. Man kann in den Blue Mountains wohl ein Leben lang klettern, daher sind viele Kletterbegeisterte aus allen Ecken Australiens, viele aus Neuseeland und aber auch aus der restlichen Welt dorthin gezogen.

 

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Shipley Upper / Wind im Haar auf Balkonia

Das Shipley Upper, eine orangene Sandsteinwelle, ist ein sehr beliebtes Gebiet. Der Zustieg ist leicht (zirka 10 Minuten) und man muss kaum durch den Busch und wird erst noch mit einem schönen Ausblick auf das Jamison Valley belohnt. An manchen Tagen kann dort ein kräftiger Wind blasen.

Climb2

Die Routen starten auf einem schmalen Weg mit Geländer. Man kommt sich dort näher. Umarmen kann man nicht nur die neu gefundenen Freunde, sondern auch die mit Tritten ausgeschlagenen Baumstämme, die bei einigen Routen der einzige Weg an den Felsen ist, weil die untersten Meter überwachsen sind. Die meisten Routen hier sind in den Graden 20-27 (6b-7c). Gute Fusstechnik und kleine Griffe krallen können, ist hier hilfreich.

Routenvorschläge:

  • Hot Flyer, 23 (6c+):
  • Lardi Lady’s Lats, 22 (6c)

 

Porter Pass / La La Lara Land

Der Zustieg beginnt wie bei Shipley Upper, aber dann geht’s tiefer wunderschön in zirka 25-30 Minuten runter und rein in den Eukalyptuswald. Entlang eines steilen Bachbetts in Fels gefressen auf Stufen mit einem Metall-Geländer durch dichten Wald. Mir kam es vor als wäre ich in ein Lara-Croft-Computer-Game gesprungen.

zustieg 2.jpg

Die Routen sind teilweise länger als in Shipley Upper und mehrheitlich in den Graden 20-27 zu finden. Der Fels einiger Routen ist ungewöhnlich plattig, aber gespickt mit Rissen und Leisten und bei anderen steil und pumpig.

 

Climb1

Lego Land

Routenvorschläge:

  • Nylon Happy, 22 (6c)
  • Lego Land, 23 (6c+)
  • La La Land, 24 (7a/7a+)

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Big Top / Fun-Farn

Zustieg1

Der Big Top ist eines der wenigen Klettergebiete, wo man zu den Felsen auf- und nicht absteigen muss. Der Zustieg zum Big Top war mein allererstes Mal im Outback in Australien und ich habe mir fast in die Hosen geschiessen vor lauter Angst wegen all den tödlichen Viechern (Sydney-Spinne, Braunschlange), über die ich gelesen habe, die in meiner Fantasie wahrscheinlich hundertmal zahlreicher existieren, als in der Realität. Aber es gibt sie, ich habe zwei riesige Braunschlangen gesehen, allerdings nicht dort. Der etwa 15minütige Zustieg führte anfangs durch dichtes mannhohes Farn und ich konnte nicht sehen wo ich hintrat und auch nicht wo ich hinfasste, das war echt gruselig.

 

Climb3

Big Top ist ein kleines Gebiet. Die meisten Routen sind auch hier zwischen 20-27. Die Klettereien sind teilweise lang, kräftig und mit weiteren Hackenabständen.

 

Freezer / Brüten in der Buddha Bar

Der Freezer ist zu Recht eines der beliebtesten Gebiete. Es ist ein wunderschöner Platz, eine Terrasse mit traumhafter Aussicht über das Hartley Vale. Neben dem Klettern, lässt es sich dort auch wunderbar sitzen, meditieren und die aufgewühlten Gefühle, unbegründeten Sorgen und anderen Psychomüll vom Eukalyptusdunst wegtragen.

Freezer

Man erreicht den Freezer in einer etwa 30minütigen Wanderung. Vorsicht: Beim Parkplatz nicht die Waldstrasse runter und vorbei am Meditationszentrum nehmen, das ist ein privates Grundstück. Das steht zwar so im Kletterführer, ist aber nicht mehr erlaubt. Beim Parkplatz geht ein Weglein ab (Steinmännchen, rote Bänder an Bäumen) durch den Wald und umrundet den Privatgrund. Wenn du die Augen offen hältst auf deinem Weg, siehst du dafür vielleicht ein Wallaby durch die Büsche hüpfen.

Wir sind nur im linken, etwas leichteren Sektor geklettert. Das war genau nach meinem Geschmack: Lange, leicht überhängende Henkelklettereien. Herrlich, sowas liebe ich!

Routenvorschläge:

  • SWALK, 22 (6c)
  • Good Big Dog, 24 (7a/7a+)

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Bowens Creek / Tal der Stille

Bowens

Wenn man mal einen etwas abenteuerlicheren und anstrengenderen Sport-Klettertag erleben möchte, dann bietet sich der Bowens Creek an. Dieser ist die versteckte Perle im Busch und trotzdem war dort nicht viel los. Das liegt wahrscheinlich am Zustieg. Nachdem du dein Auto irgendwo in der Pampas der Blue Mountains geparkt hast, wanderst du ungefähr 35 Minuten auf einem Feuerwehrschottersträsschen ins Outback bis die Strasse endet, dort geht es dann ungefähr weitere 10-15 Minuten durch den Busch runter in ein kleines enges Tal, zum Teil steil an Fixseilen.

Abstieg zum Bowens Creek - Blue Mountains Australien / Foto © Nadia Sbilordo

Wenn man allein dort unten ist, wie wir es waren, kann man die totale Stille erleben. Die Klettereien in dieser windgeschützten wilden Umgebung sind auch genug steil, um bei Regen trocken zu bleiben. Es gibt im Bowens Creek eine schöne Auswahl an moderaten bis harten Routen. Etwas Kraft sollte man sich für den Aufstieg aufheben.

 

Verdichtetes Klettern

Das war nur ein kleiner eher zufälliger Ausschnitt aus der gigantischen Kletterwelt der Blueys. Eine Gegend, die in ihren dicht nebeneinanderliegenden 45 Gebieten fast 2700 Routen beherbergt. Es lohnt sich also für die Blue Mountains etwas Zeit zu nehmen.

Für detailliertere Infos konsultiere den aktuellen Kletterführer:

Guide

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Wild bis boutique unterkommen

Unterkünfte gibt es zwar viele in der Gegend: Hotels, Gasthäuser, Zeltplätze oder bei heimischen Kletterer auf der Couch. Auch wild campen ist erlaubt. Aber als Boutique-Hotel-Liebhaberin empfehle ich natürlich das Echoes in Katoomba bei dem alle 14 Zimmer einen atemberaubenden Blick über die Blue Mountains haben, inklusive Sonnenuntergang-Showeinlage jeden Abend.

Echoes Boutique Hotel & Restaurant

Blue Mountains Australien / Foto © Nadia Sbilordo
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Alles Liebe Nadia

 

Dieser Beitrag ist nicht gesponsert.

[Copyright © Nadia Sbilordo]

 

 

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