Wo Kletterer zu Schnorchler und Taucher zu Kletterer werden
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Cayman was?!
Wahrscheinlich geht es dir wie mir und du hast keinen Schimmer, wo das sein soll. Natürlich hatte ich schon von dem Steuerparadies den Kaimaninseln gehört, nur wusste ich ansonsten rein gar nichts darüber. Als ich erfuhr, dass man dort klettern kann, wurde ich neugierig und schaute auf Google Maps nach. Das Programm zoomte mich irgendwo auf eine Insel ins scheinbare Nichts, einfach ins Blaue. Ich musste zurück zoomen, um herauszufinden in welchem Ozean ich gelandet war.
Karibische Schwestern
Die drei Kaimaninseln sind britische Übersee-Territorien, gehören zu den Antillen und liegen südlich von Kuba im Karibischen Meer. Diese Mischung aus britisch und karibisch faszinierte mich. Nach kurzer Recherche war schnell klar, da müssen wir hin.
Die zwei Schwestern Little Cayman und Cayman Brac liegen etwas abgelegen, ungefähr eine halbe Flugstunde nordöstlich von der Mutterinsel Grand Cayman entfernt. Samstags wird Cayman Brac auch direkt von Miami aus angeflogen. Der Flug dauert in etwa zwei Stunden.
Cayman Brac ist die östlichste der drei Kaimaninseln. Sie ist neunzehn Kilometer lang und ungefähr zwei Kilometer breit. Es sollen anscheinend ungefähr 1500 Menschen auf der Insel leben, gesehen habe ich aber höchstens fünfzig. Und das ist das besondere an Cayman Brac. Es ist total ruhig. Es hat auch wenig Touristen auf der Insel. Wer also menschenleere Gegenden mag (ICH!), ist hier genau richtig.
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Klima und Wetter
Das Klima auf Cayman Brac ist tropisch. Die Temperaturen schwanken normalerweise zwischen 25-31°C. Von Dezember bis April ist die „trockenere“ und „kühlere“ Saison. Der Sommer ist von Juni bis Oktober, dann ist es zu nass und zu heiss zum Klettern.
Cayman Brac wird meistens von den ganz heftigen Wettern verschont. Der letzte Tropensturm tobte 2008 mit 230 km/h über die Insel.
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Klippen und Piraten
Brac bedeutet Klippe auf Gälisch. Cayman Brac ist denn auch die spektakulärste der drei Inseln und die mit der höchsten Erhebung. Diese Klippen sind ungefähr 40 Meter hoch und bestehen aus bestem kletterbarem Kalkstein. Die Insel hat aber nicht nur Klippen, sondern eine Art dicht bewaldeter Mini-Gebirgszug, den sogenannten Bluff. Dieser zieht sich auf der östlichen Insel-Hälfte von West nach Ost und trennt dort den Norden vom Süden. Auf beiden Seiten dieses Bluff’s und an der Ostküste hat es fantastische Kletterwände. Siehe dazu auch diese coole Aufnahmen einer Drohne.
Auf Cayman Brac gibt es daher auch viele Höhlen, in welchen man im Fall eines Hurricanes Zuflucht finden könnte. Die Höhlen dienten früher den Seeräubern als Beuteverstecke. Diese gingen aber auch gern auf den anderen Kaiman-Inseln an Land. Wohl daher findet auf allen Kaiman-Inseln jedes Jahr ein ausgelassenes Piratenfestival statt.
Klettern
Die ersten Routen auf Cayman Brac wurden 1994 eröffnet. Richtig in den Fokus gerückt sind die Klippen als eine Gruppe Kletterer ab 2000 anfing die bestehenden Routen zu sanieren und neue zu eröffnen. Mittlerweile gibt es um die 100 Routen. Es hat aber noch Potential für mehr. Die Routen sind mit Titanium-Hacken ausgestattet. Die meisten Touren bewegen sich zwischen den Schwierigkeitsgraden 5.10 – 5.12, es hat aber auch ein paar leichtere und ein paar schwerere.
Es gibt einen gratis Online-Kletterführer für Cayman Brac. Dieser findet man auf der Webseite Climbing on Cayman Brac. Dort ist alles rund ums Klettern und vieles mehr detailliert beschrieben.
Wieso schreibe ich also trotzdem diesen Artikel?
Ich habe mich dazu entschieden, weil die oben genannte Webseite sehr dicht ist. Um einen ersten Eindruck über die Insel und die Klettereien zu bekommen, wollte ich daher mit etwas weniger Worte das Wichtigste hervorheben. Ausserdem fand ich es am Anfang recht schwierig anhand der Karte dort, rauszufinden, wo sich nun welcher Sektor befindet. Ich habe daher eine eigene Karte gezeichnet.
Im Weiteren habe ich die Klettergebiete in anderer Reihenfolge beschrieben, als im Online-Führer. Dort sind diese im Gegenuhrzeigersinn aufgeführt. Ich habe die Sektoren unter den Himmelsrichtungen Nord, Süd und Ost zusammengefasst. Jede dieser Ausrichtungen hat einen grossen und herausragenden Sektor. Diesen habe ich jeweils an den Anfang dieser Nord-, Süd-, Ost-Abschnitte gestellt und die kleineren Sektoren hintenangereiht.
Ich muss noch erwähnen, dass ich erst einmal und nur während fünf Tagen auf Cayman Brac war. Ich konnte also nur einen oberflächlichen Eindruck erhaschen. Ich war zudem sehr damit beschäftig diese mir völlig neuen Eindrücke zu verarbeiten. Zudem war es mein aller erstes Mal in der Karibik. Da wir nicht nur zum Klettern hingeflogen sind und das sollte man nicht, aber dazu später, konnten wir in dieser kurzen Zeit natürlich nicht alle Klettergebiete erkunden.
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DIE SEKTOREN
NORD
Spot Bay liegt im Nordosten der Insel und ist eine der etwas dichter besiedelten Ecken. Vielleicht kann man es ein Dorf nennen, immerhin hat es dort eine Primarschule, möglicherweise die einzige der Insel. Bei dieser Schule parkt man für die drei folgenden Klettersektoren.
Dixon’s Wall
Eine der grössten der Top drei Wände der Insel ist die Dixon’s Wall. Sie ist ganz grossartig. Die Dixon’s Wall liegt auf dem Grundstück des Ehepaars Dixon und Imelda Hindenberg. Das Haus daneben gehört ihrem Sohn. Es sind ganz liebe Leute, aber trotzdem sollte man vor dem Betreten ihres Gartens um Erlaubnis fragen und ein Schwätzchen mit ihnen halten.
An der Dixon’s Wall hat es achtzehn Routen von 10a-13. Die Wand ist ein Segen, denn sie ist ganztags im Schatten. Wenn sie nass geworden ist, trocknet sie jedoch nicht so schnell ab. Die Kletterei dort ist leicht überhängend an Leisten, Löchern und Flowstone.
Iguana Wall
Die nahegelegene Iguana Wall hat vier Routen von 11c-12a an Tufas, Stalaktiten und Löchern zu bieten, die richtig gut sein sollen.
Pinky’s Buttress
Am Pinky’s Buttress gibt es nur zwei Routen, aber die 12b soll exzellent sein. Das Problem bei diesem Sektor ist anscheinend ein Anwohner, der die Kletterer mit Verbotsschilder, Anschreien und mit Polizeidrohungen glauben machen will, dass man sich auf seinem Privatland befinde, was aber nicht der Fall ist.
Neptune’s Lair
Neptune’s Lair liegt östlich der Dixon’s Wall am Nordende der Klippen. Liest man die Beschreibung, motivierte es einen nicht die fünfundzwanzigminütige Kraxelei über messerscharfe Felsen auf sich zu nehmen, um fünf Routen vorzufinden, die salzwasserverspritzt sind und wo die leichte (5.8) zu kurz und die andern (11a-13), weil glitischig, zu schwer seien. Aber vielleicht besuchen wir den Wassergott beim nächsten Inselbesuch trotzdem mal.
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Heritage Wall
Die Heritage Wall liegt ungefähr eine halbe Meile westlich der Dixon’s Wall. An diesem Sektor gibt es neun Routen von 5.9+ bis 13. Die Routen sind zwar kurz, aber dafür schattig. Das Gute an der Heritage Wall ist, sie liegt auf öffentlichem Grund und man muss nur zwei Minuten zusteigen. Man hat also keinen Aufwand hinzukommen.
Die Heritage Wall ist ideal für Anfänger. Hier trifft man wohl daher häufig auf Angel. Angel betreibt mit zwei Kollegen die Kletterschule Rock Iguana, die Kurse, Kletterbegleitung und andere Inselabenteuer anbietet.
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SÜD
Auf der ganzen Südseite hat man das Problem mit der Sonne. Sie wandert je nach Jahreszeit nach Mittag, ja teilweise erst um drei oder vier Uhr nachmittags aus den Wänden.
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Wave Wall
Die Wave Wall ist das beste Klettergebiet der Südseite und auch eine der drei Topsektoren. Die Wand befindet sich am südlichen Ende der Klippen. Die Wave Wall kann man nur erreichen, wenn die See ruhig ist. Bei dieser Wand lohnt sich das halbstündige Gekraxel unter sengender Sonne, über einen mit Plastikmüll verunreinigten Küstenabschnitt und zum Schluss rasierklingenscharfen Felsen.
Dafür wird man danach mit fantastischen, langen und überhängenden Klettereien in bestem Fels belohnt. Zwanzig erstklassige Routen von 8-13a erfreuen das Kletterherz an der Wave Wall. Die Wand ist aber etwa bis 15 Uhr (zumindest Ende November) sonnenbeschienen. Es empfiehlt sich eine Stirnlampe mitzunehmen, weil es um 17 Uhr anfängt zu dämmern und dann recht schnell dunkel wird. Es ist angenehm, wenn man auf diesem Heimweg noch etwas sieht.
Ausserdem magst zu vielleicht noch bei dem 5MinuteBeachCleanup mitmachen und diesen verunreinigten Küstenabschnitt ein wenig von seinem Plastikmüll zu befreien.
The Orange Cave
Wenn die Wellen zu hoch sind für die Wave Wall, wie auf dem Foto oben, hat es auf dem Weg dahin, also da beim verunreinigten Küstenabschnitt, einen weiteren Sektor. Die dort befindlichen vier Untersektoren sind mit dem Namen The Orange Cave zusammengefasst. Unglücklicherweise, so finde ich, heisst einer dieser Untersektoren gleich wie der ganze Sektor. An diesen vier Untersektoren: The Orange Cave, Theology, Orange Streak und Sea Horse sind die Routen recht kurz. Es gibt sieben Routen in den Schwierigkeitsgraden 6-8d und sieben von 10b-11c/d.
South Side Road Crags
Der Name South Side Road Crags existiert nicht im Online-Führer. Aber hätte ich ihn geschrieben, hätte ich die folgenden drei kleinen Sektoren unter diesem Namen zusammengefasst. Die South Side Road Crags befinden sich entlang der South Side Road unterhalb des Bluffs, was auch die Zufahrtsstrasse zur Orange Cave und zur Wave Wall ist. Die Zustiege sind kurz, die Wände erst am Nachmittag im Schatten, daher sind diese ideal für den Feierabend nach einem langen Schnorcheltag.
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Love Shack Wall
Die Love Shack Wall ist mehr für die Hardmover. Es gibt dort sechs Routen von 11d/12-13.
Stargazer Wall
An dieser Stargazer Wall findet man drei Routen in den Schwierikeitsgraden 9+, 11a und 11d/12a.
The Back Yard
The Back Yard ist das Baby von Angel. An diesem neuen Sektor hat es drei noch namenlose Routen von 10c-11c/d. Weitere Routen sind hier noch geplant.
OST
Auf der Ostseite von Cayman Brac ist der/die/das Brac, also die Klippen. Hier gibt es zwei Sektoren. Dieser Teil der Klippen ist nicht von unten zugänglich. Hier fallen die Felsen erbarmungslos direkt ins tosende Meer runter. Man muss also von oben abseilen und hängt dann als Sichernder eine Weile an zwei Standhacken oder steht auf einem Felsband ein paar Meter über dem Meer. Oder wenn man sie nicht vorsteigen will, sichert man den Kletternden von oben. Auch bei diesen zwei Klippensektoren sollte die See nicht zu ungestüm sein, sonst geht man baden. Zudem ist es am Brac oft sehr windig, was unangenehm sein kann und die Kommunikation mit der Kletterpartnerin verunmöglicht.
The North Point
Der grosse Sektor an der Ostseite ist der North Point. Ja weiss der Geier warum sie ihn so genannt haben. Ist es doch der östlichste Punkt der Insel. Noch so nebenbei erwähnt, den nördlichste Punkt von Cayman Brac haben sie Northeast Point getauft. Also, was soll ich dazu sagen? Vielleicht gabs damals bei den Namensgebern, wahrscheinlich ein paar sturzbetrunkene Piraten, ein Problem mit dem Kompass.
Wie dem auch sei, Tatsache ist, diese Klippen waren damals aufregend und sind es heute noch. Beim Abseilen merkt man schnell, dass es nun richtig zur Sache gehen wird. Die Klippe ist wie der vollgefressene Bauch von Kapitän Nimmersatt, im unteren Teil überhängend. Die Klettereien am North Point sind jedenfalls grosses Kino. Es gibt dort achtzehn Routen in den Graden 5.9-12a.
Edd’s Place
An diesem Sektor gibt es anscheinend zwei sehr schöne Routen, eine 10a und eine 11c. Edd’s Place ist allerdings etwas umständlich zu erreichen, weil die ganze Unternehmung von den Öffnungszeiten eines Tors abhängt. Man muss, so wird im Online-Führer sehr ausführlich beschrieben, den Ziegenhirten finden und ihn fragen, wann dieses Tor geschlossen wird.
Es wird einem im Online-Führer geraten dort bei den Klippen immer ein zusätzliches Seil einzuknüpfen, um daran abzuseilen und um sich nötigenfalls selber retten zu können. Unten an der Klippe hängend ein Seil abzuziehen, wäre keine gute Idee, denn dieses würde im Meer landen und ein nasses, salzverkrustetes Kletterseil will ja niemand. Ausserdem gibt es auf der Insel keine Bergrettung. Auch sonst ist höchst wahrscheinlich niemand dort, der helfen kann. Der Geissen-Peter kann es sicher nicht.
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Klippen oder Riff?
Für einen Europäer ist Cayman Brac wahrscheinlich nicht die weltbeste Kletterdestination, aber es hat genug grossartige Routen, um dort unvergesslichen Urlaub zu erleben. Wie bereits erwähnt, ist die Insel sehr ruhig und eignet sich besonders für stressgeplagte, um mal wieder runter zu kommen. Aber es ist nicht nichts los auf Cayman Brac. Vor Ort realisiert man schnell, dass das grosse Treiben nicht auf der Insel, sondern rundherum unter Wasser stattfindet.
Cayman Brac ist eine DER Tauchdestinationen. Es lockt nicht nur das makellose kristallklare warme Wasser zum Tauchgang, sondern auch die wunderschönen Riffs und die Vielfallt an bunten Fischen. Auch die felsigen Küstenabschnitte und Schiffswracks machen die Insel zu einer beliebten und aufregenden Tauchdestination. Um Cayman Brac herum gibt es etwa ungefähr vierzig Tauchreviere und acht Schnorchelspots.
Wer nicht tauchen kann oder will, sollte aber unbedingt schnorcheln. Man braucht nicht mal mit einem Boot bis zu einem Riff rausfahren. Man setzt einfach die Taucherbrille auf, stürzt sich ins glasklare Wasser und wird auf der Stelle umschwärmt von den schönsten Fischen in leuchtenden Farben. Fantastisch! 30-50 Meter hinausschwimmend, sieht man bereits so grössere Meeresbewohner wie Stachelrochen. Zumindest war das so beim Schnorchel-Spot Atlantis. Es ist auch möglich bei Cayman Brac Haifischen zu begegnen, wie man auf diesem Video sieht. Wo sich diese herumtummeln, weiss ich allerdings nicht. Ich hab zum Glück keine gesehen.
Man sollte also nicht mit der Absicht nach Cayman Brac gehen, nur klettern zu wollen. Es lohnt sich wirklich eine Schnorchel-Ausrüstung mitzubringen. Und zwar nicht so ein billiges Set aus der Kinderabteilung, wie wir sie mitbrachten.
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Leben und Essen
Es gibt auf Cayman Brac ein paar Hotels. Wir haben bei unserem Aufenthalt bei Airbnb eine Villa gemietet und uns selber bekocht. In den wenigen kleinen Supermärkten und Liquor Stores, findet man fast alles.
Leider war es mir nicht möglich in dieser kurzen Zeit tiefer in das Inselleben einzublicken, daher kann ich dazu nicht viel sagen. Dieser Umstand möchte ich jedoch ändern, deshalb und weil es so schön war, ist die nächste Reise auf die Insel für 2018 bereits gebucht.
Welche Art von Informationen würde dich interessieren? Schreib mir!
das kling wirklich interessant und die fotos sind echt beeindruckend…
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