Schnell das Urbane hinter sich lassen

Sterling Silver, 22/6c
Kapstadt ist nicht nur gesegnet mit einer wunderschönen Umgebung, wie dem Tafelberg, dem Kap der guten Hoffnung, malerischen Buchten und Stränden, nein die Stadt bietet auch grossartige Kletterei.
Neben den haarsträubenden Artiv-Routen am Table Mountain und den Hardmover-Klettereien (24-32/7a-8b) an den Muizenberg Mountains (insbesondere an den Sektorten The Hole und The Mine), findet man an den Silvermine Mountains wunderschöne moderatere Routen.
Kletterführer: Western Cape Rock von Tony Lourens, 2015
Silvermine Mountains
Die Silvermine Mountains liegen südlich zwischen dem bekannten Table Mountain (Tafelberg) und den Muizenberg Mountains. Sie bilden zusammen mit dem Lion’s Head westlich vom Stadtzentrum Kapstadts die Tafelbergkette und gehören zum Table Mountain National Park. Am Parkeingang muss man daher eine Gebühr bezahlen.

Tafelbergkette: (von links) Muizenberg, Silvermine Mountains, Table Mountain, Lion Head, Signal Hill
Am Silvermine gibt es für fast alle Sportkletterer von 13-25/4b-7a+ genug Routen. Ideal ist es dort vor allem für den oberen 6er-Kletterer (20-23). Die Felsen sind aus hartem Sandstein.
Vom Parkplatz wandert man in 10-20 Minuten zu den Felsen, je nachdem welchen Sektor man auswählt.
Silvermine Main Crag
Die beeindruckteste Wand auf den Silvermine Mountains ist der Main Crag. Er hat die längsten (25-30 Meter) und steilsten Routen. Es gibt senkrechte und bauchige Wandteile, sowie einige Dachkanten. Dicke Unterarme sind garantiert. Die Routen sind eher hart bewertet.

Cool Hand Luke, 18/6a
Empfehlenswert sind die Routen:
- Sterling Silver, 22/6c (fantastisch, ein Must-do!)
- Trance Dance 23/6c+ (sehr harter Schluss)
- Cool Hand Luke, 18/6a (schöne Route zum Aufwärmen)
- Pistolero, 20/6b (schöner Riss mit knackig-luftigem Finale)
- Jono Gordon’s Route, 22/6c

Sterling Silver, 22/6c
Afrikanische Kletterer eine seltene Spezies
Die Silvermine Crags sollen anscheinend die beliebtesten Sektoren auf der Kap-Halbinsel sein. Wir waren heuer das zweite Mal unter der Woche dort und habe niemanden angetroffen. Aber auch an anderen Orten in Südafrika haben wir kaum je Kletterer zu Gesicht bekommen.
Wetter
In der Region um Kapstadt kann das ganze Jahr geklettert werden. Am besten ist das Wetter im Sommerhalbjahr von Oktober bis März. Zu dieser Zeit hat es weniger Niederschläge.

Sterling Silver, 22/6c
Die Silvermine Crags sind vormittags in der Sonne. Im südafrikanischen Sommer muss man also erst nach dem Mittag dorthin gehen.
Die Sonne wandert übrigens auf der Südhalbkugel in die andere Richtung rum. Südwände, sind Schattenwände, Nordwände sind heiss. Das finde ich als Nordhalbkugelbewohnerin immer wieder total verwirrend.
Das Wetter am Kap kann aber auch sehr garstig und nass sein. Hängt so eine Schlechtwetterfront oder auch nur der berühmt berüchtigte Tafelberg-Nebel über der Gegend, flüchtet man am besten in die 2-3 Autostunden entfernten Klettergebiete im Norden und Osten.
Lies dazu meine Artikel:
- Montagu: Die ruhige Hübsche auf der hinteren Garden Route. Mama Africa hat viele schöne Töchter
- Sportklettern in Montagu: Die härteste Route Südafrikas und Kletterer, die Baby-Elefanten-Geräusche imitieren
- Klettern in Paarl: Die Granitperle im Weinland. Die Kathedrale von Paarl ist keine Kirche
- Klettern und Wandern am Rooiberg, Cederberg: Wie wir in die Klauen des afrikanischen Busches gerieten. Affenstarkes Leoparden-Land
- Klettern in Truitjies Kraal, Cederberg: Ein UNESCO Welterbe, das betört. Stiller als dein Atem
- Sanddrif, Cederberg: Klettern über dem preisgekrönten Weinberg Cederberg Privat Wine Cellar. Der Feuerteufel im Busch
- Rocklands und die Rotbüsche. Klettern und unsterblich machender Tee
Kletterhalle
Falls du keine Zeit hast woanders hinzufahren, kannst du auch in Kapstadts Kletterhalle CityRock den Rücken strecken gehen. Der City Rock liegt allerdings nicht in der feinsten Gegend. Vor Ort muss man an der Türe klingeln, um Einlass zu bekommen. Und bevor du Klettern darfst, muss du eine Kletterprüfung bestehen. Dafür triffst du endlich mal ein paar einheimische Kletterer.

Steenberg mit den Silvermine Crags im Hintergrund
Unterkunft, Verkehr und Kriminalität
Rund um Kapstadt zu campieren ist nicht empfehlenswert. Es ist gefährlich. Ausserdem solltest du NICHTS und ich meine wirklich gar nichts im unbeaufsichtigten Auto lassen! Auf dem Parkplatz des Silvermine Reserve ist manchmal ein Parkwächter, dem man ein paar Rand geben kann, wenn das Auto bei der Rückkehr noch unversehrt ist.
Nicht nur fürs Klettern, sondern auch fürs Kap-Sightseeing ist es ratsam in der Gegend um Constantia zu wohnen. Denn schon sehr früh morgens und früh abends schieben sich in Kapstadt und seinen Vororten gigantische Blechlawinen durch die Strassen.
In Südafrika ist übrigens Linksverkehr.

Pistolero, 20/6b
Es gibt in und um Kapstadt Unterkünfte in allen Preissegmenten. Falls du es feudal magst, kann ich dir das Steenberg oder das Cellar-Hohenort empfehlen. Siehe dazu meine Artikel: Steenberg Estate: Oase zwischen Tafelberg und Cape Flats. Am Kap prallen nicht nur der Atlantik und der Indische Ozean aufeinander und Relais & Chateaux-Hotel Cellars-Hohenort: Koloniales Kleinod am Tafelberg.
Diese sind zwar nicht gerade billig, dafür wunderschön und die Silvermine Mountains fast unmittelbar über den beiden Anwesen liegend. Diese Hotels sind also ideale Ausgangslagen zum Klettern. Die Strasse führt quasi hinter dem Haus direkt hoch zum Silvermine Reserve.

Silvermine Crags Aussicht auf die False Bay
Die gefährlichste Bucht Afrikas
Oben an den Silvermine Crags hat man einen atemberaubenden Blick auf die Cape Flats und die False Bay, welches allerdings die gefährlichste Bucht Afrikas sein soll, und wo man sich als Tourist besser nicht hinbegibt. Die Cape Flats, die grosse flache Ebene, die sich südöstlich von Kapstadt bis an die False Bay zieht, ist nämlich Heimat vieler Townships (Armenviertel).
Falls du dich nach dem Klettern noch ins Meer stürzen und abkühlen willst, informiere dich bei Einheimischen genau an welchen Stränden oder Strandabschnitten das sicher ist – auch wegen den Strömungen.
Nadia
Ich danke Tobias Dollinger, dass er mir seine Fotos zur freien Bearbeitung und Veröffentlichung überlassen hat.